„Ich will zu Gern!“

Die Attraktivität eines Münchner Fußballklubs
„Ich will zu Gern!“

„Ich will zu Gern!“

Die Attraktivität eines Münchner Fußballklubs

Ein Beitrag von Barbara Haas und Klaus Nau*
München beherbergt zig Vereine, die sich um den Jugendfußball der Stadt verdient machen und dabei sicherlich gute Arbeit leisten. In jedem Bezirk der Stadt stehen den Jungs und Mädchen meist mehrere Klubs offen und bieten ihnen eine Alternative zu Playstations und Computerspielen. Einer dieser Vereine ist die FT Gern, aber sicherlich nicht irgendeiner.
Im Unterschied zu den Vereinen, die ihre Jugendspieler zumeist aus der nächsten Umgebung rekrutieren, kommen die Gerner Spieler nicht nur aus Neuhausen, sondern aus dem gesamten Stadtgebiet. Oft haben sie bereits bei einem anderen Klub gespielt, kontaktieren dann die Jugendleitung oder einen Trainer von Gern, treten zum Probetraining an und wechseln dann an die Hanebergstraße. Das führt dazu, dass die Jugendabteilung trotz der über 50 Trainer und Betreuer immer am oberen Rand ihrer räumlichen und personellen Kapazitäten arbeitet, sodass leider oft ein Aufnahmestopp für interessierte Jungs notwendig wird.
Die Attraktivität, die die FT Gern da ausstrahlt, hat ihre Grundlage in der außerordentlichen Reputation, die dieser Verein in München und nicht nur da genießt. So hat zum Beispiel der DFB-Präsident in seiner Antrittsrede die Bedeutung der Jugendabteilung der FT Gern hervorgehoben, und auch auf dem Bolzplatz um die Ecke erntet ein Junge die Bewunderung und den Respekt der Mitspieler, wenn sie hören, dass er für Gern spielt. Aber ein solcher Ruf kommt nicht von ungefähr. Zu verdanken hat ihn dieser Verein sicher nicht seiner Lage in Neuhausen – die Verkehrsanbindung ist nicht gerade großartig. Die 2009 renovierten Räumlichkeiten sind relativ begrenzt und die Herrenmannschaft ist auch nicht unbedingt der große Magnet. Das Gerner Hofbräu ist zwar eine nettes Lokal, wo Spiele nachbesprochen werden können, leckere Speisen zur Auswahl stehen oder wo man einfach den Durst löscht, der während eines aufregenden Spiels entstanden ist. Ob das allerdings ausreicht, um die Münchner Jugend nach Gern zu locken, darf bezweifelt werden. Woher also kommt die Reputation, die Gern für die Jungs der Stadt so attraktiv macht? Da spielen gewiss verschiedene Faktoren eine Rolle:
– Zum einen muss hier natürlich der Name des Gerner Zöglings Philipp Lahm fallen, der durch seine Auftritte in fast allen großen Turnierstadien dieser Welt sehr viel zur Bekanntheit dieses Vereins beigetragen hat. Außerdem ist auch vielen Fußballfans bekannt, dass die Mutter von Philipp, Daniela Lahm, seit geraumer Zeit in der Jugendleitung arbeitet. Der Name Lahm ist wichtig, aber längst nicht allein ausschlaggebend für die Beliebtheit des Vereins.
– Zu einer erfolgreichen Jugendarbeit gehören zum anderen auch die passenden Trainer. Für die Jungs, aber auch für die Eltern, ist ein Verein etwas Abstraktes, unter dem man sich vielleicht die Gebäude und Spielstätten vorstellt – und natürlich die Trainer, die einem Verein erst ein Gesicht und einen Charakter geben. Wir alle, die wir ab und an oder auch regelmäßig Juniorenspiele besuchen, kennen aus verschiedenen Begegnungen die Herren (und manchmal auch Damen), die vom Spielfeldrand unablässig und lautstark auf ihre Spieler mit zum Teil absurden Handlungsanweisungen einschreien („Mach was, Elfer!“), oder gar Exemplare, die während des Spiels, in der Halbzeitpause und nach dem Abpfiff ihre Spieler so übel beschimpfen, dass die Mütter der Gerner Jungs bei solchen Sportpädagogen schon längst die Notbremse gezogen hätten. Die Trainer der FT verhalten sich da meist anders als jene rüden Kollegen, zumindest sollten sie das. Abgesehen davon, dass es bereits der ganz normale Anstand verbietet, Kinder zu beschimpfen: Sie und ihr Auftreten sind das Aushängeschild, nach dem ein Verein zu Hause und auswärts beurteilt wird.
– Durch gute Trainerarbeit mit guten Spielern stellen sich über kurz oder lang die gewünschten sportlichen Resultate ein. Die Gerner Teams treten in ihren Ligen und bei Turnieren zumeist erfolgreich auf, und auch für unsere Fußballkinder gibt es nicht viel, was attraktiver und motivierender ist als der Erfolg
– Außerdem wissen die Jungs, dass gerade Gern ein Katalysator sein kann, ein Sprungbrett in die große Welt der Jugend der hochklassigen Mannschaften, von denen jeder Junge träumt, der regelmäßig gegen das runde Leder tritt.
Aber auch diese Reputation hält nicht ewig, wenn man nichts für ihren Erhalt tut. Es scheint so, als ob die Vereinsleitung da den richtigen Weg gefunden hat, die Beliebtheit dieses Vereins aufrechtzuerhalten oder, wenn möglich, sogar zu steigern. Die sorgfältige Auswahl der Trainer, ihre tatkräftige Unterstützung durch die Vereinsführung, eine intensive Kommunikation zwischen beiden Seiten und die entsprechende Würdigung ihrer Arbeit sind unverzichtbar, denn nicht nur Spieler, auch Trainer wollen motiviert werden. Überlegenswert wäre, wie man die Fußballereltern, denen eine ganz entscheidende und oft unterschätzte Rolle zukommt, näher an den Verein heranführen kann. Vor allem aber muss die FT Gern in der Öffentlichkeit präsent sein, denn gute Arbeit braucht ja nicht im Verborgenen zu blühen, sondern sollte möglichst in allen verfügbaren Medien gewürdigt werden. Wozu sonst hat München vier große Tageszeitungen und einen Bayerischen Rundfunk und die Welt ein Internet?
Wenn das alles klappt, wird die Freie Turnerschaft auch weiterhin ein Magnet für die talentierten jungen Fußballspieler in München bleiben, für die es dann auch in Zukunft etwas Besonderes sein wird, für Gern zu spielen.

*Die Autoren sind die Mutter bzw. der Opa eines Spielers der E2/4.

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